Lichtqualität – Next Level
Nun geht es dem Licht-Flicker (Flimmer) an den Kragen
Nie wurde Lichtqualität so intensiv diskutiert. Das Thema beschäftigt Leuchtenhersteller, Lichtplaner und auch die Verbraucher immer mehr. In den vergangenen Jahren insbesondere seit Einführung der LED steigen die Ansprüche an die Produkte zur Lichterzeugung. Anfänglich freute man sich über wesentlich höhere Lichtausbeuten gegenüber der Glühlampe, gefolgt von immer größerer Lebensdauer. Spätestens seit der L&B 2016 ist es die Zusammensetzung des Lichtspektrums, welches sich u.a. in den Lichtparametern wie Farbtemperatur, Farbwiedergabeindex, uvm. ausdrückt. Ein Grund für die steigende Nachfrage nach mobilen Lichtspektrometern.
Darüber hinaus spielt aber auch die Ansteuerung von LEDs eine große Rolle und hat laut Aussagen von Medizinern einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit der Menschen und Tiere, die sich diesem künstlichen Licht aussetzen. Auf diese Einschränkungen hatte bereits in 2013 der Verband Baubiologie hingewiesen. Lichtflimmern gewinnt immer größere Aufmerksamkeit.
Entsprechend soll dieser Artikel über folgende Inhalte im Detail informieren.
- Was ist unter Lichtflimmern zu verstehen?
- Welche Besonderheiten ergeben sich für die LED-Beleuchtung?
- Berechnung und Messung von Flickerindikatoren.
- Grenzwerte von Flickerkenngrößen
- Flickerfrei Dimmen
- Bedeutung für Industrie und Konsumenten
- Fazit
Wie darf man Lichtflimmern verstehen?
Konventionell wurde Licht mittels Stromfluss durch einen Glühdraht erzeugt. Ändert der Strom seine Stärke, wie es bei Wechselstrom z.B. 50Hz der Fall ist, so zeigt sich maximale Helligkeit (Die Lichttechniker sprechen von Leuchtdichte) immer bei maximaler Amplitude unabhängig von der Polarität. Somit gilt für einen 50Hz Sinus, dass sich die Helligkeit 100 mal je Sekunde ändert. (à Flimmerfrequenz 100Hz).
Aufgrund der schnellen Änderung kühlt der Glühdraht jedoch in den Nulldurchgängen nicht vollständig ab. Es bleibt durch diese Trägheit durchgängig hell, jedoch entsteht eine überlagerte Lichtwelligkeit von ca. 15% – 25% ganz abhängig von der Beschaffenheit und Temperatur des Glühdrahtes. Das Beispiel rechts zeigt die Zusammenhänge.
Kurzum: Lichtflimmern kennen wir schon immer. Mit Ausnahme beim Betrieb einer Glühlampe z.B. im Auto an einer 12V-Batterie oder Taschenlampe. Dann ist das Licht vollkommen frei von Schwankungen und verhält sich wie das Sonnenlicht.
Überlagert kann es jedoch auch durch z.B. Spannungsschwankungen zu kurzzeitigem Flackern von Licht führen. Das jedoch ist nicht unser Thema und wird hier nicht weiter betrachtet, da dessen Einflüsse unterschiedlich sein können und vor allem nicht periodisch.
Meist wird der Begriff Flicker dem Begriff Flimmern gleichgesetzt. Einige Experten jedoch beziehen sich bei Flicker einzig allein auf die Spannungsänderungen im Stromnetz, wogegen Lichtflimmern eindeutig der optischen Seite der Lichterzeugung zugeordnet werden kann. Man spricht auch häufig von Lichtwelligkeit. Dabei ist Flicker nur der englische Begriff für Flimmern.
Und was hat das mit LED-Beleuchtung zu tun? Flimmern von LED-Beleuchtung.
Die LED ist ein Halbleiter und reagiert auf Strom- oder Spannungsschwankungen ohne jegliche Verzögerung. So gibt es sogenannte Hochvolt-LEDs, welche durch Reihenschaltung direkt am 230V-Netz betrieben werden können. Entsprechend zeigt sich maximales Flimmern.
In der Regel werden zum Betrieb von Power-LEDs sog. Konstantstrom-Treiber eingesetzt. Das sind Betriebsgeräte, welche einen konstanten und somit kontrollierten Strom durch die LEDs sicherstellen.
Diese Betriebsart ist erforderlich, da aufgrund der nichtlinearen Kennlinie einer LED, bei geringsten Spannungs- und Temperaturschwankungen der Betriebsstrom unkontrolliert ansteigen könnte und somit die LED zerstören würde.
Kurzum:
Die Intensität von LED-Licht ändert sich sofort mit Stromschwankungen. Für den Betrieb von LEDs werden Konstantstromquellen eingesetzt. Was wollen wir also mehr? Konstanter Strom = Konstantes Licht und somit auch keine Lichtwelligkeit und kein Flimmern.
Das Problem liegt im Detail. Zur Konstantstrom-Erzeugung gibt es viele mögliche elektronische Schaltungen, so z.B. Regelschaltungen, welche den aktuellen Strom messen und über Stellglieder nachregeln.
(Sie schaffen es als Autofahrer auch nicht auf einer geraden Straße das Lenkrad absolut still zu halten. Spiel in der Lenkung etc. erfordern auch kontinuierliches Nachregeln)
Diese kleinen Korrekturen sorgen wiederum für geringe Schwankungen des angeblichen konstanten Stromes. In den Datenblättern finden Sie diese Angabe häufig unter der Bezeichnung „Ripple“.
Gute elektronische Schaltungen in LED-Treibern liegen bei <3%. Hier haben sich insbesondere die LED-Treiber des Herstellers TCI hervorgetan.
Achten Sie beim Kauf von Leuchten oder Vorschaltgeräten von LED-Leuchten auf Angaben zu Ripple oder Flickerfaktoren. Bei LED-Lampen dürften Sie leider in den meisten Fällen noch keine Angaben finden.
Damit wären wir beim nächsten Punkt.
Bewerten und Messen von Flickerfaktoren
Recherchiert man hinsichtlich Flickerfaktoren, so finden sich eine Vielzahl an Kriterien und Berechnungsmöglichkeiten zur Bewertung von Flicker bzw. Flimmer. So werden maximale Helligkeit, minimale Helligkeit, Mittelwert oder auch Flächen oberhalb oder unterhalb eines Mittelwerts in eine Berechnungsformel eingetragen.
Aus verschiedenen anderen elektrotechnischen Bereichen kennt man die Bewertung von maximaler zu minimaler Amplitude (Auslenkung) im Verhältnis zum Summenwert oder Mittelwert, bzw. Maximalwert. So wird in der Funktechnik der Begriff Modulationsgrad verwendet. Dieser beschreibt wie stark die zu übertragenden Information z.B. Sprache auf den Hochfrequenzträger auf moduliert wird. Die gleiche Formel kennt man beim Lichtflimmern als Flicker% (Flicker Prozent oder percent flicker).
Diese Berechnungsformel findet sich auch in der IEEE 1789-2015 und gilt als meist bekannteste und wurde bereits auch in vielen Flickermeter implementiert.
Darüber hinaus sind noch folgende Berechnungsformeln bekannt.
Entsprechend ist es ratsam ggf. beim Vergleich oder Bewertung von Angaben nach der zugrunde gelegten Berechnungsformel zu fragen.
Neben „Flicker%“ wird in der IEEE1789-2015 auch noch der Wert Flickerindex benannt und errechnet sich entsprechend:
Unser Auge bzw. unsere Sinnesnerven reagieren zudem noch auf die Signalform und vor allem die Frequenz der Lichtwelligkeit. Langsame Änderungen nehmen wir bewusst war, wie das Blinken beim Auto. Doch je schneller diese Helligkeitsschwankung geschieht, desto weniger können wir mit unseren Augen dies bewusst wahrnehmen. Man spricht von einer Verschmelzungsfrequenz im Bereich von ca. 80Hz. So ist auch ein 100Hz Fernseher inzwischen auch nicht mehr mit den alten „Flimmerkisten“ und deren 25Hz Vollbildwiedergabefrequenz vergleichbar.
Leider wurde festgestellt, dass selbst höhere Flimmerfrequenzen (mehrere 100Hz) immer noch den Menschen situationsbedingt hinsichtlich Konzentration und Gesundheit beeinflussen können.
Die Baubiologen waren die ersten, welche sich für ihre Arbeit mit Flicker-/Flimmer-Messgeräten ausgestatten hatten. Eine Übersicht bewährter Flickermeter findet sich bei LEDclusive.de im Online-Shop.
Nun bewaffnet mit einem Flickermeter sind die meisten schon bei der ersten Messungen überrascht über die große Bandbreite an im Einsatz flimmernder und Discolicht ähnelnder Beleuchtungen. Welche Werte sind denn nun akzeptabel. Klar ist, ein Flicker von 100% ist sicherlich zu vermeiden und 0% lässt aufatmen.
Tatsache ist: Es gibt hier bisher nur Empfehlungen und Anregungen, jedoch noch keine verbindlichen Grenzwerte, welche auch ein standardisiertes Messverfahren voraussetzen.
Einschätzung und Bewertung von gemessenen Flickerwerten
Aktuell gibt für den Europäischen Markt noch keine bindende Vorschrift, welche die Hersteller dazu verpflichtet Angaben zu Lichtwelligkeit zu machen, noch sind Grenzwerte festgelegt, die einzuhalten wären. Auch hinsichtlich Messverfahren ist noch alles offen. Von Seiten IEEE gibt es das Dokument IEEE1789-2015 (Auszüge davon s.o.) und es ist anzunehmen, dass IEC mit CIE (siehe Technical Note der CIE: Visual Aspects of Time-Modulated Lighting Systems) sich daran anlehnen.
Darüber hinaus gibt es ASSIST (Alliance for Solid State Illuminatin System and Technologies), welche 20% Flicker bei 100Hz, sowie >30% Flicker bei >120Hz als nicht akzeptabel ansehen.
Wenn das im Detail interessiert, sei auf die Literaturrecherche von Peter Erwin hingewiesen, der darüber hinaus ein eigenes Messverfahren (CFD) entwickelt hat.
Weitere Informationen finden sich in Google unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Lichtflimmern
Es gibt dort weitere Verweise entsprechend DIN EN12464-1 und auch Vorgaben von Energy-Star vom 30.09.14. Die Forderung nach Kennzeichnung und Festlegung von Grenzwerten wird lauter.
Es ist wahrscheinlich, dass die zukünftigen Grenzwerte abhängig von der Flickerfrequenz definiert werden. Nachstehend ein Auszug des IEEE-Dokuments, der zeigt, wohin die Richtung gehen könnte.
Die CIE geht hier den Weg über SVM (Stroboscopic effect Visibility Measure) Empfindlichkeitskurve.
Immerhin reagieren einige Hersteller von Vorschaltgeräten wie TCI bereits darauf. So zeigt sich die Jolly-Serie mit geringer Restwelligkeit (Ripple < 3%) und auch nimmt LEDclusive.de zukünftig die T-LED-Serie u.w. mit ins Programm auf. Bei diesen handelt es sich bereits um linear geregelte Konstantstromquellen.
Auch der bewährte LED-Lampen-HerstellerLEDON hat das Thema ebenfalls bereits aufgegriffen und nimmt dazu Stellung: http://www.ledon-lamp.com/wissensbeitrage/flimmer-gibts-nimmer/
Flickerfreie Lampe bzw. Leuchte und was passiert beim Dimmen?
Die Helligkeit einer LED hängt vom Betriebsstrom ab. Somit liegt nahe die Treiberschaltung so auszulegen, dass abhängig vom Dimmlevel der Strom heruntergeregelt wird. Leider setzt das erneute Ansprüche an die Elektronik, will man zeitgleich auch den Wirkungsgrad der Vorschaltgeräte hoch halten.
Zum anderen ist der Farbort einer LED abhängig vom Diodenstrom. Damit dieser konstant bleibt, es also beim Dimmen zu keinen Änderungen der Farbtemperatur kommt, hat sich die Pulsweitenmodulation (PWM) durchgesetzt. Diese Schaltung ist einfach zu realisieren und ermöglicht zudem einen hohen Wirkungsgrad über einen weiteren Regelbereich.
PWM bedeutet, dass der Strom unterschiedlich kurz bzw. lang aus- und eingeschalten wird. Das Tastverhältnis bestimmt die Helligkeit.
Der Haken an der Sache ist, das Licht durchläuft Maximalwerte von „ganz aus“, zu „vollständig an“. Diese extremen Schwankungen sind es, welche mehr und mehr die Gemüter bewegen.
Mit PWM geregeltes Licht zeigt immer 100% Flicker. In dem Fall ändert sich das Licht zwischen A=100% und B=0%. Der Mathematiker erkennt sofort, dass die Formel zum Wert „1“, entsprechend 100% Flicker führt.
Als einzige Alternative besteht die Möglichkeit wirklich den LED-Strom linear zu regeln. Wenn auch dabei mit Farbortverschiebungen zu rechnen ist. Doch mit steigender Qualität der LEDs ist dies zunehmend das kleinere Übel.
Die Industrie muss sich umstellen
Alle rechnen mit neuen Vorgaben der Standardisierungsgremien hinsichtlich Flicker/Flimmer/Lichtwelligkeit, oder wie wir es auch immer nennen wollen. Die Hersteller von LED-Leuchten müssen sich nach geeigneten Vorschaltgeräten umschauen. Hersteller und Importeure von LED-Lampen müssen sicherstellen, dass die, meist in Billiglohnländern hergestellten LED-Leuchtmittel, auch wirklich den neuen Anforderungen entsprechen. Und für alle gilt sicherlich die entsprechende Kennzeichnungspflicht auf der Verpackung.
Somit ist LEDclusive.de bereits mit anspruchsvollen Flickermetern am Start und beobachten ggf. neue Anforderungen sehr genau.
LEDclusive.de bietet bereits Flickermeter verschiedener Hersteller an. Auch ist diese Funktion bereits in den Spektrometern Lighting Passport integriert. Man erhält also gleich zwei Geräte in einem.
Sehr interessanter denkanstoß! Durch das Stichwort „Baubiologen“ frage ich mich, in wie weit das flimmernde Licht unseres Alltags zu unwohlbefinden, also Stress, Kopfschmerzen, etc. führt. Kennt darauf jemand bereits eine Antwort?
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